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Ausgabe 26 vom 1. Mai 2008 (als PDF):

6. April 2008 – Dr. Armin Kühnemann, Sascha Großkurth, Christian Wolf

Programmierkurs, Informationstechnische Grundbildung oder Anwendungsschulung?

Renate Thies

Ein Konzept für einen Informatik-Differenzierungskurs der Jahrgangsstufen 9/10 bzw. 8/9

Frau Renate Thies, derzeit als Lehrerin am Cusanus Gymnasium in Erkelenz tätig, hat während ihres Referendariats am Städtischen Gymnasium in Gütersloh ein Differenzierungskonzept für den Informatikunterricht in der Sekundarstufe I ab dem Jahrgang 9 entworfen, welches sie im Rahmen eines Vortrages und Workshops auf dem Informatiktag NRW 2008 in Münster vorgestellt hat. In einer anfänglichen Vorstellungsrunde der einzelnen Teilnehmer wurde deutlich, dass Anregungen sowie neue Ideen und Konzepte für den Informatikunterricht von den Teilnehmern erwünscht und benötigt werden. Frau Thies orientierte sich während der Konzeptentwicklung an verschiedene Lehrpläne der einzelnen Bundesländer sowie an Kernaussagen der Gesellschaft für Informatik (GI), wobei der Lehrplan aus NRW aus dem Jahre 1993 laut ihrer Aussage nur grobe Orientierung böte. Zusätzlich hatte Frau Thies sich Konzepte weiterer Schulen (vorwiegend Gymnasien) angeschaut und sich als Ziel gesetzt, informatische Konzepte sowie Spaß und Interesse an der Informatik verstärkt auch für Mädchen zu vermitteln. Bei der Auswahl informatischer Konzepte sollten jedoch die imperativen bzw. objektorientierten Programmierparadigmen zunächst ausgeklammert werden, da sie Lehrinhalte der Sekundarstufe II sind.

Frau Thies stellte nun ihr zunächst geplantes Konzept für die Themengebiete vor, die sie in den vier Halbjahren der Jahrgangsstufen 9/10 behandeln wollte. Während des ersten Durchlaufs im Unterricht erwies es sich jedoch (zum Beispiel motiviert durch Schülerinteresse) als sinnvoll, einige Themengebiete vorzuziehen bzw. zurückzustellen, so dass Frau Thies ihr folgendes aktuelles Konzept vorschlug:

1. Halbjahr (9.1)

2. Halbjahr (9.2) 3. Halbjahr (10.1) 4. Halbjahr (10.2)

Das obenstehende Konzept wurde von Frau Thies einmal komplett und zu dem Zeitpunkt des Vortrages einmal halb mit Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 in einem Informatikkurs durchlaufen. Jedes Themengebiet außer dem Roboterprojekt wurde mit einer Klausur abgeschlossen. Bei dem Roboterprojekt mussten die Schülerinnen und Schüler eine Facharbeit schreiben. Den Betreuungsaufwand hierfür empfand Frau Thies jedoch verglichen mit dem Aufwand zur Erarbeitung und Korrektur von Klausuren als sehr hoch. Darüberhinaus betonte sie die Problematik der gerechten Bewertung von Facharbeiten. Aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen hob Frau Thies insbesondere die folgenden Aspekte als positiv hervor: die Breite des Themenspektrums, die Motivation, Begeisterung und das gegenseitige Helfen der Schülerinnen und Schüler, sowie die angenehme Arbeitsatmosphäre. Zusätzlich fand nach Aussage von Frau Thies selbstständiges Lernen oder Lernen durch Ausprobieren statt. Problematisch befand Frau Thies den Anspruch der Textverarbeitung als informatisches Konzept, die Notwendigkeit von Suchstrategien im Internet, die Vertiefung von HTML, sowie die Problematik von Breite vs. Tiefe bei der Themenauswahl.

Im Anschluss an den Vortrag von Frau Thies hatten die Teilnehmer des Workshops die Gelegenheit, in Arbeitsgruppen jeweils eines der folgenden fünf Themengebiete zu behandeln und dabei sowohl den konzeptionellen Aufbau des Unterrichts von Frau Thies als auch die von ihr zur Verfügung gestellten Materialien näher kennenzulernen:

Die drei Autoren dieses Artikels waren Teilnehmer einer Arbeitsgruppe mit dem Themengebiet Prolog. Dieser Arbeitsgruppe wurden sowohl die von Frau Thies erarbeiteten Materialien (»Folien«-Kopien und Arbeitsblätter) als auch ein auf einem Rechner installierter Prolog-Interpreter zur Verfügung gestellt. Der Unterricht folgt dabei einem Schema, bei dem sich Lehrerinformation und Schüleraktivität (an Hand von Arbeitsblättern) abwechseln. Inhaltlich lehnt sich die Erarbeitung von Prolog an universitäre Kurse über Logikprogrammierung an, wobei natürlich auf den theoretischen Hintergrund verzichtet wird. Im Einzelnen werden nach einer Übersicht über die verschiedenen Programmierparadigmen und über die prinzipiellen Ideen von Prolog die folgenden Konzepte (an Hand vieler Beispiele und nach steigendem Schwierigkeitsgrad geordenet) vorgestellt: Fakten, Anfragen ohne Variablen, Anfragen mit Variablen, Regeln, Arithmetik, Listen, Entscheidungsbaum, Backtracking, Rekursion. Nach der Einschätzung der Autoren dieses Artikels ist insbesondere die Auswahl der meisten Beispiele (z.B. Familienstammbaum oder Rätsellösungen) gelungen, da diese dem Erfahrungshorizont der Schülerinnen und Schüler entnommen und dadurch motivierend sind. Im Rahmen des Workshops ist die Erstellung kleinerer Programme und Anfragen am Rechner in der knappen Zeit jedoch nur gelungen, weil einer der Autoren dieses Artikels bereits Erfahrungen mit Prolog hatte.

Der Workshop wurde mit kurzen abschließenden Berichten aus den Arbeitsgruppen beendet, auf die wir nicht detailliert eingehen. Insgesamt ist jedoch die Ansammlung und Bereitstellung einer großen Anzahl von Materialien für alle Arbeitsgruppen durch Frau Thies zu loben. Exemplarisch soll ein Arbeitsmaterial der Arbeitsgruppe »Graphentheorie« positiv hervorgehoben werden, da es sicherlich sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch bei den Workshopteilnehmern lange im Gedächtnis bleiben wird: Zur Darstellung von kürzesten Wegen in Graphen wurden die Kanten eines Beispielgraphen durch »Schnüre« und dessen Knoten durch »Knetmasse« dargestellt, wobei sich dann die kürzesten Wege von einem Knoten zu den anderen Knoten ergeben, in dem man »den einen Knoten festhält« und die »am meisten gespannten Schnüre« zu den anderen Knoten verfolgt.

Für detaillierte Informationen zu den einzelnen Konzeptbausteinen und Materialien steht Frau Renate Thies (th (bei) cge-info.de) als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

Die hier veröffentlichten Inhalte stellen keine Meinungsäußerungen der Studienseminare Hamm Arnsberg dar.
© Redaktion If Fase