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urn:nbn:de:0043-rhinodidactics-33-7 Ausgabe 33 vom 1. Juli 2010 (als PDF)

11. April 2010

Informatiktag NRW 2010 – Matthias Heming: Einsatzszenarios von Mobiltelefonen im Unterricht

Thomas Brinkmann

Mobiltelefone sind in der heutigen Zeit auch, oder gerade bei Jugendlichen nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Sie werden praktisch jederzeit mitgeführt und bilden somit wahrscheinlich das meistbe- und -genutze Informatiksystem.
Daher hat mich das Thema des Workshops bereits im Vorfeld neugierig gemacht; auch, da ich wenig Erfahrungen mit Mobiltelefonen im Allgemeinen, und mit ihrer Programmierung im Speziellen habe.

Im Workshop erhielten wir die Möglichkeit, direkt mit dem Referenten zu diskutieren und ihm Fragen zu stellen, was der Arbeitsatmosphäre sehr zuträglich war und den Vortrag deutlich auflockerte.

Matthias Heming – Einsatzszenarios von Mobiltelefonen im Unterricht

Matthias Heming – Einsatzszenarios von Mobiltelefonen im Unterricht

Herr Heming stellte zunächst sehr kurz eine mögliche Jahresplanung für den Informatikunterricht in der Jahrgangsstufe 11 vor. Er wies darauf hin, dass die Einbettung von Mobiltelefonen an verschiedenen Stellen möglich sei; Beispiele dazu wurden im späteren Verlauf des Kurses angegeben.

Zunächst ging Herr Heming darauf ein, warum Mobiltelefone überhaupt im Informatikunterricht eingesetzt werden sollten. Schließlich hat sich doch der PC als typisches Arbeitswerkzeug längst etabliert.
Der PC hat aber einen wesentlichen Nachteil beim Einsatz im Informatikunterricht. Die PC, die in der Schule genutzt werden, entstammen nicht der direkten Lebenswelt der Schüler. Zwar haben die meisten Schüler Zugang zu einem PC, oder beitzen sogar selbst einen, allerdings ist dieser ganz anders eingerichtet als die PC in der Schule.
Das Mobiltelefon hat hier deutliche Vorteile.
Die Schüler können es auch in die Schule mitnehmen, so dass sie mit ihrem eigenen Mobiltelefon, so wie sie es sich eingerichtet haben, arbeiten können. Sie sind damit vertraut.
Außerdem sind Mobiltelefone mittlerweile so leistungsfähig, dass praktisch alle Probleme, die mit dem PC bearbeitet werden können, auch am Mobiltelefon bearbeitet werden können.
Es gibt allerdings auch beim Mobiltelefon ein Problem: Die Schüler haben zumeist unterschiedliche Modelle; und auf den wenigsten können alle Probleme des Informatikunterrichts sinnvoll bearbeitet werden.
Die Willy-Brandt-Gesamtschule in Bergkamen hat dieses Problem ganz pragmatisch gelöst: Ein Informatikkurs der 11. Jahrgangsstufe wurde mit genügend identischen, und für den geplanten Informatikunterricht geeigneten Mobiltelefonen ausgestattet, die die Schüler auch im Alltag nutzen und für die sie dementsprechend auch selbst verantwortlich sind.

Da geeignete Mobiltelefone aber recht teuer sind (erst recht in einer ausreichenden Menge für einen ganzen Informatikkurs), ist dieses Konzept aber sicherlich nicht an jeder Schule ohne größere Probleme umsetzbar.
Eine Möglichkeit die finanzielle Hürde zumindest ein wenig zu glätten, wäre es z.B. die Eltern der Schüler frühzeitig auf den geplanten Einsatz von Mobiltelefonen hinzuweisen, so dass diese ihren Kindern direkt geeignete Mobiltelefone kaufen könnten. Dass auch dieses Konzept nicht frei von Problemen ist sollte klar sein. Die Idee sollte im Workshop aber nicht unterschlagen werden.

Im Anschluss an die grundlegenden Überlegungen zum Einsatz von Mobiltelefonen im Informatikunterricht, stellte Herr Heming, mit Bezug auf die zu Beginn vorgestellte Jahresplanung, verschiedene Konzepte vor, die in der 11. Jahrgangsstufe mit dem Mobiltelefon bearbeitet werden könnten.
Matthias Heming führte ein selbstgeschriebenes Programm inklusiv Programmcode vor, mit dem die Themen Verzweigung und Binärbäume bearbeiten werden kann.
Praktischerweise ließ sich das verwendete Mobiltelefon an einen Videobeamer anschließen, so dass sich die Demonstration für die Kursteilnehmer unproblematisch gestaltete.
Ein weiteres Konzept, dass der Referent uns vorstellte, war »Dateinamen und -pfade«, welches aufgrund eines auf dem Mobiltelefon installierbaren Dateimanagers ebenfalls problemlos bearbeitet werden könnte.

Das Konzept »Algorithmen« wurde für den Kurs handlungsorientiert vorgestellt.
Die Kursteilnehmer sollten hierzu eine Aufgabe eines Arbeitsblatts des Referenten bearbeiten:
Aufgabe: »Automatisiert vorgehen« bedeutet, nach einem fest vorgegebenen Plan vorzugehen. Formulieren Sie einen Algorithmus, also eine Handlungsvorschrift, zum Versenden einer SMS an eine Person, deren Eintrag im Adressbuch des genutzten Mobiltelefons verhanden ist.
Im Anschluss an diese Aufgabe sollte überlegt werden, inwiefern der erstellte Algorithmus verändert werden muss, damit unsere Großeltern den Algorithmus nachvollziehen könnten.
Diese Aufgabe führte uns Kursteilnehmern noch einmal eindrucksvoll vor Augen, wie unterschiedlich Aufgaben verstanden werden können; insbesondere wenn die Vorkenntnisse und der Umgang mit einem Informatiksystem sich stark unterscheiden.

Zum Abschluss führte Herr Heming vor, wie simpel und komfortabel die Programmierung auf dem Mobiltelefon sein kann.
In der Sprache Python wurden verschiedene kurze, aber effektive und lauffähige Programme erstellt und vorgeführt. Alle Kursteilnehmer waren sich einig, dass der Code sehr schlank und somit sinnvoll für den Gebrauch auf dem Mobiltelefon sei. Der Vorteil in der Schule wäre, dass die Schüler sich weniger mit dem Pauken einer Programmiersprache, wie z.B. Java, beschäftigen müssen, was dem eigentlichen Unterricht sicher zu gute käme.

Fazit

Der Workshop war sehr interessant. Von einigen technischen Schwierigkeiten abgesehen war der Kursablauf sehr flüssig, und die vorgestellten Themen wirkten nicht einfach nur künstlich aneinandergereiht, um die Länge des Workshops zu füllen. Außerdem konnte man Herrn Heming die Überzeugung gegenüber dem Kursthema deutlich anmerken.
Für mich muss ich sagen, dass ich mir weiterhin nur sehr schwer vorstellen kann, die vorgestellten Konzepte mit dem Mobiltelefon im Informatikunterricht zu realisieren. Wohl auch, da ich erstens nicht sehr geübt bin im Umgang mit dem Mobiltelefon, und zweitens noch über wenig Praxiserfahrung in der Schule verfüge, so dass mich der »konventionelle« Unterricht mit dem PC schon genug fordert.
Außerdem denke ich, dass dieses Konzept stark von den Gegebenheiten in der Schule, sowie von den Lerngruppen abhängt. Meines Erachtens ist einge Menge Disziplin seitens der Schüler notwendig, damit dieses Konzept (auch finanziell) aufgehen kann.
Ich werde allerdings beim Kauf des nächsten Mobiltelefons darauf achten, dass es einen geeigneten Funktionsumfang hat, so dass ich mich vielleicht doch langsam an die Thematik herantasten kann.

Material

Herr Heming hat zu diesem Thema einige Veröffentlichungen bereitgestellt. Zunächst ist hier seine Masterarbeit zu nennen – sie ist öffentlich zugänglich. Außerdem wurden Materialien für den Unterrichtseinsatz erstellt, die verfügbar sind. Nicht zuletzt sollte auf ein Poster hingewiesen werden, das eine unterrichtliche Sequenz übersichtlich darstellt. Unter dem URL blog.familie-heming.de/?cat=10 finden Sie diese und weitere Materialien zur Arbeit mit Mobiltelefonen im Informatikunterricht.

© Redaktion rhino didactics