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Ausgabe 32 vom 1. März 2010 (als PDF):

1. März 2010 – Dorothee Müller

Bildungsgangforschung und Fachdidaktik Informatik

Mitten in diesem eisigen Winter machten sich Maria Knobelsdorf und ich, Dorothee Müller, von Berlin und Köln kommend, auf nach Münster, um dort mit einem der Vertreter der Bildungsgangdidaktik, dem in Münster wohnenden Professor Meinert Meyer, zu sprechen. Im Sinne der Bildungsgangdidaktik trieb uns zu dieser Reise die selbstgestellte Entwicklungsaufgabe, unsere Theorien zur Informatikdidaktik zu erproben und zu verbessern.
Ich sah in der Bildungsgangdidaktik eine theoretische Grundlage für meine Ideen zur Didaktik der Informatik. Und als Maria Knobelsdorf auf der INFOS 2009 ihr Dissertationsthema zu biographischen Fragen im Informatikunterricht vorstellte, erkannte Ludger Humbert die prägnante Affinität zur Bildungsgangdidaktik und stellte den Kontakt zu Meinert Meyer und Christian Görlich, die zusammen mit ihm die Zeitschrift rhino didactics herausgeben, her. Es entwickelte sich ein lebhafter und spannender E-Mailwechsel.

Und Christian Görlich lud schließlich alle, die als Schreibende und Lesende an dem E-Mailwechsel beteiligt waren, zu einem Gespräch nach Münster ein, wobei Glatteis und Schneemengen leider verhinderten, dass Ludger Humbert teilnahm.
Das Gespräch zwischen Meyer, Görlich, Knobelsdorf und Müller wurde schnell lebhaft. Maria Knobelsdorf, in der Endphase ihrer Dissertation, diskutierte die Berührungspunkte ihrer Forschungsfragen und -ergebnisse zur Bildungsgangdidaktik. Schnell drehte sich das Gespräch um weiter gefasste Themen, wie Bildung im Allgemeinen, um die Informatische Bildung und auch um verschiedene Detailfragen, wie um die Rolle, die der Informationstechnologie in diesem Zusammenhang zukommt.

Um das Gespräch zu strukturieren, schlug Meinert Meyer vor, eine Themenliste aufzustellen. Jeder sollte zwei Punkte für diese Gesprächsliste benennen.
So einigten wir uns schließlich auf vier Themen für dieses Gespräch.

1. Entwicklungsaufgaben
Es wurden Entwicklungsaufgaben in zwei Zusammenhängen angesprochen: die biographische Entwicklungsaufgabe mit den Möglichkeiten des Faches Informatik, diese zu befördern, und die normative Ebene der Richtlinien und Lehrpläne.

2. Konsequenzen der Bildungsgangdidaktik
Welche Auswirkung hat die Bildungsgangdidaktik konkret auf den Unterricht? Meinert Meyer sah vor allem Änderungsmöglichkeiten über die Gütekriterien. Christian Görlich betont mehr die Ausrichtung des Unterrichts an Entwicklungsaufgaben statt an Lern- und Lehrzielen oder Bildungsstandards als möglichen Weg, die Ziele der Bildungsgangdidaktik im Schulalltag zu verwirklichen.

3. Informatische Bildung
Wenn die beiden ersten Themen vor allem wegen ihres Umfangs nur angerissen werden konnten, zeigte sich, dass bei diesem Thema, Meinert Meyer vorschlug, das Problem einer genauen Begriffsbestimmung noch größer war. Die Beziehung zwischen Informatik und Allgemeinbildung führte zu der Frage, was wir in diesem Kreis unter Allgemeinbildung verstanden. Bei dem Begriff »informatisch« waren wir schnell bei der Frage: Inwieweit kann man schon vor dem Aufkommen der modernen Informationstechnologien/-techniken von einem informatischen Denken sprechen?

4. Widerspruch zwischen individueller Bildung und kollektivem Unterricht
Während Meyer und Görlich die Einseitigkeit von Bildungsstandards bedauerten, berichteten Knobelsdorf und Müller, dass die Bildungsstandards Informatik der Gesellschaft für Informatik mehr Freiraum für individuelle Bildung bieten.

Den Erfolg dieses Gesprächs sehe ich vor allem darin, dass offene Fragen aufgezeigt wurden. Dass dies zu Ergebnissen führen wird, zeigt sich im ersten Ansatz in dem Vortragsthema, das Maria Knobelsdorf für das Berlin-Brandenburgische Doktorandencolloquium (BBDC) am 19.2.2010 wählte: »Wege in die Informatik aus Sicht von InformatikstudienanfängerInnen – ein bildungsgangdidaktischer Forschungsansatz für die Informatik«
Doch die Arbeit hat erst begonnen. Das Gespräch in Münster war ein Schritt auf dem Weg zur Bildungsgangforschung aus informatik-didaktischer Sicht.

© Redaktion rhino didactics