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Ausgabe 28 vom 1. April 2009 (als PDF):

13. März 2009 – Meinert A. Meyer

Was ist eigentlich Bildungsgangforschung?

In einer Reihe von Artikeln in der rhino didactics werden Fragen der Bildungsgangdidaktik, der Bildungsgangforschung und ihr Bezug zu den Fachdidaktiken vorgestellt.
Die Bildungsgangdidaktik ist eine Handlungswissenschaft. Sie soll die Ausbildung und Fortbildung von Lehrern befördern. Als Handlungswissenschaft bedarf sie einer sie stützenden Forschung.

Bildungsgangforschung ist zunächst Lehr-Lern-Forschung und damit für die Institution Schule Unterrichtsforschung. Englisch lässt sich das besser sagen: Bildungsgangforschung ist research on learner development and educational experience. Sie betont mit der Konzentration auf den Gang der Bildung die Perspektive der Lernenden und ist damit etwas anderes als die erziehungswissenschaftliche Biographieforschung und zugleich mehr als die Bildungstheorie, die der empirischen Flankierung bedarf und nicht nur normative Zielvorstellungen diskutieren sollte. Bildungsgangforschung geht auf Arbeiten von Herwig Blankertz (1927–1983) und seinen Schülerkreis zurück und ist u.a. im Hamburger DFG-Graduiertenkolleg »Bildungsgangforschung« (2002–2008) vorangetrieben worden.

Erziehung ist die Summe der Reaktionen einer Gesellschaft auf die Tatsache des menschlichen Lernens. Bildung ist mehr. Sie basiert auf Freiheit und Selbstbestimmung. Die Förderung von Bildung bedarf deshalb einer Kultur, die nicht nur die Reproduktion der Gesellschaft sichert, sondern zugleich ge­sellschaftliche Transformation ermöglicht (vgl. Antragstexte des Gra­duiertenkollegs – www2.erzwiss.uni-hamburg.de/forschung/Gradkoll/gradkoll.htm, Homepage des Fachbereichs Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg, 2002, 2004).

Fragestellungen der Bildungsgangforschung

Hypothese

Das Zusammenspiel von Anpassung und Selbstbestimmung ist zentraler Fokus der Bildungsgangforschung, was zugleich eine grundlegende methodologische Hypothese erlaubt:

Wenn es stimmt, dass die Sinnkonstruktionen der Lehrer anders als diejenigen der Schülerinnen und Schüler sind, dann muss sich diese unterschiedliche Konstruktion der gleichen Unterrichtswirklichkeit auch qualitative wie quantitativ darstellen lassen. Besonders aufschlussreich für diese Aufgabe sind Situationen, Szenen und Prozesse, in denen es zur Bedeutungsaushandlung (negotiation of meaning) zwischen Lehrern und Schülern kommt.
Die Analyse der unterrichtlichen Situationen, Szenen und Prozesse kann durch unterrichtsbezogene Lehrer- und Schülerinterviews ergänzt warden. Für die Analyse dieser Interviews bietet sich die dokumentarische Methode (Ralf Bohnsack 2003) an.

Zielsetzung der Analysen sollte die Rekonstruktion der individuellen Bildungsgänge der Schülerinnen und Schüler und der Lehrpersonen sein. Die Rekonstruktion kann dann als Basis für die Ausgestaltung der Bildungsgangdidaktik fungieren.

Literaturhinweise


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