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Ausgabe 30 vom 1. September 2009 (als PDF):

23. August 2009 – Thomas Arbeiter

Fortbildungstag »Informatische Bildung mit Mobiltelefonen« an der Bergischen Universität Wuppertal

Seit August 2006 gibt es in Deutschland mehr Mobilfunkanschlüsse als Einwohner (Quelle: www.golem.de). Während das Mobiltelefon für mich persönlich eher ein Gebrauchsgegenstand ist und eine gewisse Robustheit, sowie lange Akku-Laufzeiten im Grunde die einzigen Kaufkriterien darstellen, sieht es bei Jugendlichen anders aus. Mobiltelefone sind für sie mehr als bloße Kommunikationsgeräte; das eigene Mobiltelefon ist etwas ganz besonderes, stark personalisiert und muss sich von den Telefonen anderer Jugendliche möglichst abheben. Aktuelle Modelle, geschickt animierte Hintergrundbilder und häufig wechselnde Klingeltöne sind enorm wichtig. Man schaue sich nur einmal 10 Minuten Musiksender wie Viva oder MTV an – man merkt sofort: Mobiltelefone sind »in«.

Am Samstag, 8. August führte Matthias Heming blog.familie-heming.de im Gästehaus der Universität Wuppertal eine Fortbildung durch, die sich mit dem Einsatz von Mobiltelefonen im Informatikunterricht beschäftigte. Seine Idee: Die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler nutzen und informatische Bildung mit Mobiltelefonen durchführen.

Vorteile des Mobiltelefons für den Einsatz im Informatikunterricht

Der Vormittag wurde verwendet, um die Teilnehmer für sein Konzept zu begeistern. Zunächst begann Herr Heming, die Vorteile des Einsatzes von Mobiltelefonen hervorzuheben und evtl. vorhandene Vorurteile gegen den Einsatz auszuräumen. So wies er darauf hin, dass das Mobiltelefon ein vollwertiges Informatiksystem darstelle und der Informatikunterricht der Oberstufe auf diesem Gerät völlig problemlos durchgeführt werden könne. Der Vorteil gegenüber der klassischen Form des Informatikunterrichts an Desktop-PCs besteht zum Einen in der bereits erwähnten Begeisterung der Jugendlichen für diese Geräte, die bei vielen soweit führt, dass sie sich mit Freude auch außerhalb der wenigen Informatikunterrichtsstunden sinnvoll damit auseinandersetzen. Zum Anderen haben Studien gezeigt, dass das Mobiltelefon ein Informatiksystem darstellt, welches besonders stark von Mädchen genutzt wird (siehe www.mpfs.de). Da sie den Informatikunterricht im Allgemeinen deutlich seltener besuchen, wäre eine Mädchen-Förderung natürlich sehr zu begrüßen. Immerhin scheint diese Idee so erfolgversprechend zu sein, dass die Gleichstellungsbeauftragte der Bergischen Universität Wuppertal die Durchführung des von Herrn Heming angestrebten Informatikunterrichts großzügig durch den Kauf von Mobiltelefonen unterstützt.

Programmieren auf dem Mobiltelefon

Nach der Einführung gab Herr Heming jedem Teilnehmer ein Mobiltelefon in die Hand, damit sich jeder selbst ein Bild von der Programmierung auf den Geräten machen konnte. Hervorragend fand ich, dass auf den Geräten noch keinerlei Software (Python+Editor+praktische Tools) installiert war und dies von den Teilnehmern durchgeführt werden musste. Per Bluetooth wurden die notwendigen Dateien schnell von Telefon zu Telefon geschickt und anschließend völlig unproblematisch installiert. Die darauf folgenden kurzen Programmierbeispiele konnten von den Teilnehmern sofort ausprobiert werden und auch ich, der vorher noch nie in Python programmiert hatte, konnte bereits nach wenigen Minuten den Funktionsumfang des Handys erweitern. Für Schülerinnen und Schüler eine faszinierende Sache. Praktischerweise kann durch den Import geeigneter Pakete auch auf sämtliche Funktionen des Handys zugegriffen werden: Es ist möglich, direkt mit Kalender- und Kontaktdaten und den Messages zu arbeiten, auf die Kamera zuzugreifen und auch die Verwendung von vorhandenen GPS-Modulen ist kein Problem.

Konzept

Nach einer Mittagspause begann der zweite Teil der Fortbildung. In diesem stellte Herr Heming ein Konzept für den Anfangsinformatikunterricht in der Oberstufe vor, in dem Mobiltelefone eine zentrale Rolle spielen. In den ersten Unterrichtsstunden werden dabei Grundbegriffe der Informatik geklärt und schließlich Algorithmen sowie erste objektorientierte Sichtweisen behandelt. Zahlreiche Aufgaben und Beispiele stammen dabei aus der Welt der Mobiltelefone und dürfte Schülerinnen und Schüler motivieren. Die Telefone selbst werden in der Anfangsphase allerdings noch nicht genutzt. Als sehr angenehm empfand ich die Gestaltung dieses zweiten Teils. Herr Heming stellte seine Gedanken und Ideen für konkrete Unterrichtssequenzen vor, woraufhin häufig produktive Diskussionen mit den Teilnehmern aufkamen und interessante neue Ideen entstanden.

Fazit

Ich bereue keinesfalls für die Fortbildung einen Tag der Sommerferien geopfert sowie drei Stunden Autofahrt auf mich genommen zu haben. Diese Fortbildung war für mich sehr informativ, sie war gut vorbereitet und effektiv durchgeführt. Außerdem sorgte die recht kleine Teilnehmerzahl und das gemütliche Gästehaus der Bergischen Universität Wuppertal für eine angenehme Atmosphäre. Das vorgestellte Konzept ist sicherlich gewöhnungsbedürftig; diese Fortbildung konnte jedoch viele Bedenken, die ich noch vor der Veranstaltung hatte, ausräumen und eine gewisse Begeisterung für dieses Thema entfachen.

© Redaktion rhino didactics